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Tag 4: Wohnzimmer-Weinlust

Heute habe ich „Balkonien“ eröffnet, das einzige Land – außer „Supermarktien“ – das ich derzeit besuchen darf. Balkonien hat zwar nur ca. 12 Quadratmeter, aber den ungeheuren Vorteil nicht verbaut und nach Süden ausgerichtet zu sein. Das heißt: Ich kriege den ganzen Tag Sonne satt. Und es hat jetzt schon 17 Grad. Leider kommt am Wochenende der Winter wieder. Dann ist Schluss mit dem wenigen Lustig.

Etwas neidig schiele ich nach Deutschland, wo man - bis Montag wohl – noch relativ frei spazieren gehen darf. Doch dann wird auch dort damit Schluss sein. Dann sitzen wir alle in einem Boot. Und überlegen uns, wohin wir in der Krise und nach der Krise rudern. Hat schon wer ne Richtung?

Von Balkonien gehe ich wieder zurück ins Wohnzimmer, denn dort wartet die Wohnzimmer-Weinlust auf mich: die Tagesflasche Wein, die ich heute köpfe. Es ist der Chenin-Blanc „Vieilles Vignes“ (alte Weingärten) 2016 von der Domaine Langlois-Chateau aus Saumur an der Loire. In einer schweren, wertigen Flasche, mit neuem, modernem Etikett.

Langlois-Chateau? Warum nicht Chateau Langlois?

Langlois? Heißt das nicht Langenlois? Und warum „Langlois-Chateau“. Und nicht „Chateau Langlois“? Ganz einfach: Chateau war der Nachname von Jeanne Chateau, die mit Edouard Langlois verheiratet war, als das Weingut 1912 gegründet wurde. Saumur übrigens ist eine sehr schöne Kleinstadt an der Loire, die man unbedingt besuchen sollte, wenn die Ausgangssperren vorbei sind und unser Leben wieder anschlägt.

Saumur liegt übrigens im Norden des Loiregebietes, dort, wo die Loire schon die Abbiegung nach Westen in Richtung Meer genommen hat. Das ist, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht so erkennt, schon sehr weit im Nordwesten Europas. Und dort ist es mitunter sehr feucht. Soll heißen: Weinbau in Saumur geht meist nicht so leicht von der Hand, wie Weinbau in der Toskana. Aber eben aus diesen „Risikogebieten“ des Weinbaus, wo man sich mit erhöhtem Schädlingsbefall und mitunter massiven Regen abfinden muss, kommen im Zuge der Klimaerwärmung immer spannendere Weine. Das gilt auch für die anderen dieser Regionen, etwa für Mähren (völlig unterschätztes Weinbaugebiet), das benachbarte Weinviertel oder für die ebenfalls sehr nördlich gelegene Champagne, die, so wie die Loire, unter Einfluss des Golfstroms steht. Möge dieser noch lange halten.
Langlois-Chateau gehört heute mehrheitlich zum megafeinen Champagnerhaus Bollinger, die Langlois-Chateau schon zu Beginn der Siebzigerjahre übernommen haben – hauptsächlich wegen des vorzüglichen Crémants des Hauses. Die Stillweine mehr zu fokussieren, das ist das Tun von Francois-Régis de Fougeroux (hach, diese geilen französischen Adelsnamen), der den Betrieb seit 2008 führt.

Preislich ein Witz

Noch etwas zeichnet alle Weine von Langlois-Chateau aus: Sie sind, für das, was sie können, viel zu günstig. Der Saumur-Blanc rangiert um die 10 Euro, was ein Witz für diese Qualität Wein ist. Ein Witz ist auch der Preis der hervorragenden Sancerre. Überhaupt kann man sich mit dem ganzen Sortiment von Langlois-Chateau für echt kein Geld echt hochwertig betrinken. Es ist die Politik von Bollinger – das zeigen sie auch bei ihrem Champagnerhaus Ayala – in Sachen Endverbraucherpreise nicht über die Stränge schlagen zu wollen. Obwohl sie sicher einige Prozent mehr verlangen könnten.

Nun zum Vieilles Vignes 2016, den Wein den ich im Glas vom Wohnzimmer nach Balkonien trage. In der Nase Mandarine, etwas Quitte, dann der Kalk des Bodens (den man ja angeblich nicht schmecken kann), dann Ringlote, Nashi-Birne (diese teilweise sehr stark) und auch Letscho und Karfiol. Im Mund strahlig, frisch, kompakt, ein leichter Restzucker, der mit der Säure perfekt harmoniert und im Schluck auch gedörrte Datteln und etwas geröstete Mandeln. Das Holz ist gering merkbar und elegant eingebunden – Holz kann der Franzose ja wie keiner sonst.

Fazit: Als Wein und als Château eine echte Entdeckung (für den, der es nicht eh schon kennt). Preis-Leistung-Sieger in wohl allen Klassen. Mein Tipp fürs danach Weitertrinken: Der Sancerre und der Puilly Fuisse des Hauses. Und die vielen Schaumweine. Die dürfen ruhig etwas süßer sein, dann sind sie so richtig geil.