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Tag 39: Der ist schon zu zu

Herrschaften, ich habe hier, in diesem kleinen, feinen Forum, schon vor zwei Wochen geschrieben, dass die Restaurants schon Mitte Mai wieder aufsperren dürfen. Das wusste ich nur und exklusiv, weil mir Sebastian Kurz im Schlaf erschien und mir die Botschaft einflüsterte. Nun erschien mir letzte Nacht Rudi Anschober im Schlaf, gemeinsam mit dem Nehammer, und beide flöteten: „Sag ihnen bei KATE&KON, dass auch die Maskenpflicht im Juni fällt. Und sag ihnen auch, dass das deswegen so kommt, weil die Österreicher so brav waren und sich so wenig infisziert haben.“ Moment, Herr Anschob-Nehammer, das heißt „infiziert“, nicht „infisziert“. „Gusch Bua, sonst darfst keine Regierungsgeheimnisse mehr träumen.“

Bin scho' ruhig.

Also: Anfang Juni, Mitte Juni ist der Spuk zu Ende. Und am 15ten wohl auch meine Kwarantäne, denn da darf das Hotel hier wahrscheinlich wieder aufsperren und dann setze ich mich freiwillig vor die Türe, bevor ich jemanden zu Last falle – was ich ja meistens schon nach dem Aufstehen mit dem ersten Social-Media-Post tue.

Priorat ist niemals fad

Heute steht ein spanischer Wein am Tisch, der „Les Crestes“ (übersetzt: „Die G'rösteten“) von Weingut Mas Doix. Jahrgang: 2017. Gegend: Priorat. Ich war mal ganz privat im Priorat und kann berichten, dass es dort in feuchten Jahren ungefähr so trocken ist wie jetzt gerade in den Salzwiesen um den Neusiedlersee. Wie es dann in trockenen Jahren aussieht, wollen sie gar nicht wissen – glauben sie mir.

Weinbau im Priorat ist immer auch Weinbau an der Schmerzgrenze. Die Region südlich von Barcelona kam mit dem Hype der ebenso regenarmen Region Calce, jenseits der französischen Grenze, in den Focus der Weinwelt. Davor scherte sich keiner der Weinwichtigtuer, die heute beim Namen Priorat in Riechsalz-Ohnmacht fallen, um die Gegend. Zu klein, zu heiß, zu unbekannt. Das war gestern.

Heute muss man vom Hype um das Priorat ohnehin ein wenig Abstand nehmen, um in Ruhe auf die vielleicht zwanzig bedeutenden Weingüter dort zurückzukommen. Mas Doix wurde 1998 von den Familien Doix und Llagostera gegründet (wie und warum man das Doppel-L ausspricht, weiß ich auch nicht), also in der Zeit des absoluten Wein-aus-Spanien-Hypes, als sich die iberischen Weingüter mit viel Bankengeld nahezu verdoppelten. Die Bankenkrise von 2009 hat dieser einzigartigen spanischen Weingüter-Gründerzeit ein Ende bereitet. Überlebt haben vor allem jene Betriebe, die schon länger am Markt waren (die Familie Doix keltert seit 1850 Wein) und auch was G'scheites in Flasche kriegen. Das ist hier, bei diesem Les Crestes 2017, der Fall.

Warm-kalt, kalt-warm

Das Priorat ist heiß und hoch. Das ist der Vorteil hier, das Hoch, denn die Höhenlage der meisten Weinberge garantiert kühle Nächte, ohne die es sinnvollen Weinbau hier nicht geben könnte. Im Priorat kann es vorkommen, dass die Tage im Oktober noch bis zu 30 Grad Wärme, nein Hitze, liefern, während die Nächte auf fast fünf Grad runterkühlen. Ohne eine Jacke friert es einem dann die Halskrause zu, wenn man - wie ich – auf die törichte Idee eines Nachtspaziergans im Lacoste-Polo kommt. Ich wurde nur knapp vor dem Erfrieren gerettet und kann Sie dank beherzter Passanten, heute und hier mit dieser Story langweilen.

Das Priorat: Das sind auch Schieferböden, wie man sie sonst nur an der Mosel, der Nahe und der Ahr findet. Priorat: Das bedeutet, dass sich die Wurzeln hier so tief eingraben, dass sie in China wieder rauskommen, wenn man sie nicht etwas flächiger umleitet. Mas Doix: Das ist ein Weingut mit Rebstöcken, die zwischen 60 und 100 Jahre alt sind. Und die Dichte und den Wumms, den die Wurzeln solcher Rebstöcke liefern, spürt man in diesem Les Crestes 2017.

Vergiss-mich-Wein

In der Nase Kirsche, massiv Cassis, etwas Blaubeere, feuchter Kiesel, gering Minze, sehr gering Zitronenmelisse, etwas mehr Tinte und auch den Tick Karamell von Fasstoasting. Im Mund Wucht, Wucht, Wucht. Für diese Preisklasse Wein irre viel Wucht, fast obszöne Wucht. Dazu Frucht, Frucht, Frucht. Und eine schon magnifizienthohe Säure. Was soll diese krude Wortkreation bedeuten? Sie bedeutet, allen Ernstes, dass man diesen Wein 50 Jahre im Keller vergessen kann und erst in zehn Jahren mit dem Trinken beginnen sollte.

Deswegen ein anderes Fazit als sonst: Dieser Wein sollte jetzt nicht geöffnet werden. Gekauft schon. Aber nicht geöffnet. Denn er ist zu zu. Und bleibt auch nach drei Tagen zu zu – selbst im Glas. Das hier ist die erste Flasche Kwarantänewein, die ich nicht ausgetrunken habe. Und das ist in diesem Fall ein Kompliment. Nimm diesen Wein, lager ihn ein und melde dich frühestens 2030 bei ihm. Ausnahmsweise vielleicht schon 2028. Davor lass ihn aber bitte schlafen.